Reisebericht

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Jubiläumsfeier in Chodziez
15 Jahre Städtepartnerschaft Chodziez - Nottuln

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Peter Buddendick Reisebericht von Peter Buddendick

Peter Buddendick ist langjähriges Mitglied des Partnerschaftskomitees

 

 

 

 

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Die Reise nach Chodziez

Wie lange dauert die Fahrt nach Chodziez? Eine gerne gestellte Frage.

Neun bis zehn Stunden – die gängige Antwort. Siebeneinhalb Stunden versichern die Optimisten. 15 Stunden – wenn es schlecht läuft, das wissen die Busreisenden der Jubiläumstour. Und einmal rund um die Uhr, weiß der Verfasser dieser Zeilen.

Damit sind wir bei dem nicht Einplanbaren.

In einer mobilen Gesellschaft sind viele unterwegs. Allein das bremst bereits den Vorwärtsdrang. Und wenn dann auch noch einem oder mehreren ein Missgeschick unterläuft, dann geht fast nichts mehr.

So geschehen im Juni, als sich rund 200 Menschen aus Nottuln in vier Bussen auf den Weg in die Partnerstadt machten. Die nächtliche Reise wurde auf dem Berliner Ring nach einem schweren Verkehrsunfall durch eine ungewollte Stehparty und schließlich durch eine Rundfahrt durch Potsdam „bereichert“.

Tat das der guten Laune Abbruch? Keineswegs! Wer unterwegs zu Freunden ist, dem ist kein Weg zu weit.

Die strahlenden Gesichter der Gastgeber bei der Ankunft vor dem Bahnhof in Chodziez zauberte auf die übernächtigten Gesichter der Gäste Frische und versah sie mit neuem Elan. Der war auch vonnöten, wartete doch ein unterhaltsames mehrtägiges Programm auf alle Jubiläumsteilnehmer.

Bei vielen von ihnen stellte sich am Ende die Frage nach der Reisedauer nicht mehr. Die Vorfreude während der Anreise, der Austausch des Erlebten bei der Rückreise machten die Stunden im Autobus zu einer kurzweiligen Angelegenheit.

Die Nottulner Musikgruppen

Als Mitglied des Partnerschaftskomitees, aber auch privat war ich schon häufig in unserer polnischen Partnerstadt Chodziez, kann mich an sehr viele schöne Begebenheiten erinnern.

Zu denen, die sicher noch lange in meiner Erinnerung bleiben werden, gehören die während der Jubiläumsfeiern im Juni. Die polnischen Freunde haben alles unternommen, um die Tage der Begegnungen so angenehm wie möglich zu gestalten. Dass die Musikgruppen aus Nottuln und seinen Ortsteilen dazu einen wesentlichen Beitrag leisteten, darf dabei nicht vergessen werden.

Nehmen wir die Blasmusikvereinigung (BMV) Nottuln. Gemeinsam mit einigen Musikern aus der französischen Partnerstadt St. Amand-Montrond stand sie an allen Tagen immer wieder im Mittelpunkt, spielte zum offiziellen Festakt (unter erschwerten Bedingungen) ebenso auf wie bei vielen weiteren Gelegenheiten. Ohne einen gastgebenden Partner zu finden (schwierig, schwierig), und deshalb manchmal in dem Glauben, alleingelassen zu sein, verstanden es die Musiker dennoch, ihr völkerverbindendes Hobby perfekt zu zelebrieren. Die tolle Stimmung, die unübersehbar unter den Musikerinnen und Musikern herrschte, übertrug sich so unmittelbar auf das Publikum. Die Blasmusikvereinigung war ein perfekter Botschafter der Baumbergegemeinde in Chodziez.

Das gilt auch für die Chöre „Chorus Cantemus“ (Appelhülsen), „Chorisma“ (Schapdetten) und „Haste Töne“ (Nottuln). Ob bei der Feierstunde, beim Europafest, beim Festnachmittag in Margonin oder ganz spontan am Rande des Umzuges in Margonin – sie waren immer präsent als Mitglieder der Nottulner Delegation und als Sängerinnen und Sänger. Ihre Musik kam an, begeisterte.

Dass der Chorus Cantemus die Festmesse musikalisch zu einem Höhepunkt machte (und das auch noch unter dem Dirigat des Nottulner Bürgermeisters Peter Amadeus Schneider) passt zu dem gelungenen Auftritt der Musikgruppen.

Sprachlosigkeit ist kein Thema

Städtepartnerschaften sollen Menschen zusammenbringen, sollen sie mit den jeweils anderen Kulturen bekannt machen. Den Kreis derer zu vergrößern, die sich auf Unbekanntes einlassen wollen, ist eines der wichtigsten Ziele des Partnerschaftskomitees.

Im Rahmen der Feiern zum 15-jährigen Bestehen der Partnerschaft mit der polnischen Stadt Chodziez ließen sich viele Menschen aus Nottuln darauf ein, erstmals Kontakt zu Menschen in Polen zu knüpfen. Und die Resonanz – zuletzt in vielen E-Mails geäußert – ist nur positiv.

Ob Heimatverein, Jägerschaft, Künstler oder Musiker, sie alle berichteten begeistert von der Gastfreundschaft in unserem osteuropäischen Nachbarland. Sie erlebten das, was Schülerinnen und Schüler aus fast allen Schulen der Gemeinde schon seit 15 Jahren kennen und schätzen. Und sie stellten fest, dass die oftmals befürchteten Sprachbarrieren dem freundschaftlichen Miteinander nicht entgegenstehen. Viele Polen, vor allem die jüngeren – sprechen deutsch oder englisch. Sie freuen sich auf jeden Besuch aus Deutschland. Anreisenden Gruppen werden Dolmetscher zur Seite gestellt. Sprachlosigkeit ist also kein Thema.

Wer kennt Peter?

Christof machte sich mit einem mehr als zehn Jahre alten Foto auf den Weg, suchte auf dem Europafest in Chodziez deutsch sprechende Gäste. „Der da rechts auf dem Bild heißt Peter – kennt ihr ihn?“ ließ er durch eine Dolmetscherin immer wieder fragen.

Man kannte ihn. Nach wenigen Minuten war Peter gefunden. Das Wieder erkennen war trotz der langen Zeit auf beiden Seiten kein Problem. Zwar ist aus dem einstmals drahtigen Kampfsportler ein nicht mehr ganz so sportlicher Familienvater geworden, aber das schelmische Lächeln, mit dem er schon damals alle für sich einnahm, war geblieben.

Rückblende: Vor mehr als zehn Jahren fand in Nottuln ein Spiel ohne Grenzen statt. Gästeteams aus der französischen Partnerstadt St. Amand-Montrond und der polnischen Partnerstadt Chodziez reisten dazu an. Gastgeber wurden gesucht. Und so kam Christof, damals 17 Jahre jung, mit einem Freund zu uns. Mit Händen und Füßen und einigen Brocken englisch klappte sie Verständigung hervorragend. Nach dem Spiel-ohne-Grenzen-Wochenende gab es noch einige Briefkontakte, dann aber brach die Verbindung ab. Christof wurde erwachsen, hatte andere Interessen. Aber immer wieder erinnerte er sich an den Aufenthalt in Nottuln.

Jetzt, inzwischen verheiratet und Vater einer vierjährigen Tochter, wollte Christof den Kontakt wieder herstellen. Und so trafen wir uns am Tag nach dem ersten Wiedersehen in seiner geräumigen Dachgeschosswohnung, tranken Kaffee, aßen Eis mit Erdbeeren und ließen alte Erinnerungen wieder aufleben. Ein Fotoalbum machte dabei die Runde. Darin sorgfältig eingeklebt die Fotos, die an Christofs ersten Ausflug in das westliche Ausland erinnern.

Und wie geht es weiter? Bei künftigen Besuchen in Chodziez ist ein gemeinsames Kaffeetrinken mit Christof und seiner Familie fest vereinbart. Und es gibt das Internet, mit dessen Hilfe Grüße schnell übermittelt werden können. 

Es ist etwas Schönes daraus geworden

Sport und Spaß, private und offizielle Begegnungen, Rückblicke auf viele schöne Treffen in den vergangenen 15 Jahren oder ein erstes neugieriges Hinein schnuppern in die Möglichkeiten, die der Austausch von Menschen aus Nottuln und Chodziez bietet. Das stand – neben dem Festakt zum Auftakt des Partnerschaftsjubiläums im Juni in der polnischen Stadt - im Mittelpunkt des dreitägigen Programms. Das Komitee in Chodziez und die Verantwortlichen der Stadt hatten keine Mühen (und keine Kosten) gescheut, um den Gästen aus Nottuln unvergessliche Stunden zu bereiten. In die herzliche, offene Begrüßung derer, die sich schon seit vielen Jahren kennen, wurden die Neuen, unter ihnen auch einige Freunde aus Nottulns französischer Partnerstadt St. Amand-Montrond, wie selbstverständlich einbezogen.

Partnerschaftsgeschichte wurde beim Festakt am ersten Tag aufgeschlagen, als neben den aktuellen Bürgermeistern der beiden Städte, Jacek Gursz und Peter Amadeus Schneider auch die auf die Bühne gerufen wurden, die am Gründungstag vor 15 Jahren Verantwortung trugen: Andrzej Jaroszynski und Bernd Mensing.

Aber nicht das „weist Du noch – damals?“ sondern ein „es ist etwas Schönes daraus geworden“ bestimmte die Gespräche an diesem Abend und danach.

Danach – das hieß Besichtigungen, Straßenumzüge, ein Europafest mit viel Musik in Chodziez und ein weiteres in Margonin mit anschließendem Picknick. Das hieß auch Festgottesdienst mit Prälat Jan Stanislawski in der Pfarrkirche St. Florian. Jan Stanislawski war, damals noch Pfarrer der Stadtkirche in Chodziez, einer der großen Förderer der Städtepartnerschaft. Er ist der deutschen Sprache mächtig. Und dass er noch immer ein Freund guten Witzes ist, bewies das Mitglied des Domkapitels in Posnan während der Festtage im Juni immer wieder.

Zufriedene Gesichter auch beim offiziellen Treffen der beiden Partnerschaftskomitees in der Stadtbücherei. Es war ein doppeltes Jubiläumstreffen, feierte doch an diesem Tag der Vorsitzende des gastgebenden Komitees, Jan Margowski, seinen Geburtstag. Dass diese Zusammenkunft nicht zuletzt deshalb weit von einem „Arbeitstreffen“ entfernt war, versteht sich. Dennoch: Am Rande des Geschehens wurden bestehende Kontakte vertieft, neue angebahnt. So durch den Heimatverein, dessen Vorsitzender Harry Czipull mit einer kleinen Delegation erstmals die Reise in die polnische Stadt antrat. Bestens aufgenommen, bestens betreut und gleich Termine für weitere Treffen vereinbart – so soll es sein. Auch der Hegering Havixbeck-Nottuln, für den sich dessen Vorsitzender Karl Weckendorf mit auf den Weg machte, fand interessierte Partner (und spannende Erlebnisse in einem Jagdrevier). Und auch die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr kehrten sehr zufrieden von ihrem Chodziez-Gastspiel zurück. Auch für sie hatte sich der weite Weg zu neuen Freunden gelohnt. Wenn Feuerwehrleute ihre Mützen tauschen, dann darf man sicher sein, dass sich da etwas entwickelt.

Nicht optimal verlief die „Kontaktanbahnung“ für die Blasmusikvereinigung (BMV) Nottuln. Das Orchester, verstärkt durch Musiker aus St. Amand-Montrond, präsentierte sich zwar an allen Tagen in Höchstform, musste allerdings auch erfahren, dass es eine vergleichbare Gruppe in Chodziez nicht gibt. Keine guten Voraussetzungen also für einen regelmäßigen Austausch. Dennoch: Die Musiker stehen dieser Städtepartnerschaft positiv gegenüber. Im Schatten standen leider auch die Werke der drei Künstler Hans von Lützau, Peter Päßler und Regina Damowski. Sie hatten etliche Bilder mit nach Chodziez gebracht. Deren Präsentation ging aber im übrigen Programmangebot ein wenig unter. Da haben wir (die Komitees) noch einiges zu verbessern.

Nicht ohne Stolz blicken die Verantwortlichen auf die vielen „Selbstläufer“. Der Schüleraustausch, von Beginn an Basis der Partnerschaft, funktioniert nach wie vor, die Handballerinnen des Gymnasiums Nottuln maßen im Rahmen eines Jubiläumsturniers nicht zum ersten Mal mit Gleichaltrigen aus Chodziez und Umgebung ihre Kräfte. Kolpingfamilie und Tennissportler aus verschiedenen Vereinen der Baumbergegemeinde trafen auf gute alte Bekannte, vereinbarten die nächsten Begegnungen.

So waren am Ende nicht nur die Repräsentanten der beiden Kommunen zufrieden. Auch die Komiteevorsitzenden Jan Margowski (Chodziez) und Robert Hülsbusch (Nottuln) zogen eine positive Bilanz. Dabei machten sie aber auch deutlich, dass die Gremien ihre Arbeit fortsetzen werden, damit noch mehr Menschen die Freude dieser Begegnungen erleben können.

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