Geschichte von Polen


Chodziez in Polen

Die Stadt Chodziez in Polen ist offizielle Partnerstadt der Gemeinde Nottuln (Westf.). Diese Seiten möchten Ihnen die Stadt und die Gemeinde Chodziez, ihre Menschen und die ganze Partnerschaft näher bringen.

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Die Geschichte Polens

Von Dr. Barbara Vogelsang

Polen hat eine bewegte und spannende Geschichte. Seine Lage zwischen Ost und West hat diese immer wieder entscheidend beeinflusst.

Die Piastendynastie (960 – 1370)

Die heute Wielkopolska (Großpolen) genannte Region zwischen den Flüssen Wisla (Weichsel) und Warta (Warthe) ist das Stammland des späteren polnischen Staates. Hier lebte der Stamm der Polanen (pole= Feld). Ihr Hauptort war Gniezno (Gnesen), in welchem die Piasten herrschten. Als deren Herzog Mieszko I. (um 960 - 992) im Jahr 966 sich und sein Volk taufen ließ, war dieses die Geburtsstunde des christlichen Polens. Polen war nunmehr eng mit dem katholischen Kirchenapparat verbunden und der östliche Vorposten der lateinischen Welt.
Erst Heinrich II. (973 – 1024), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, setzte die Allianz mit den Piasten nicht fort. Er versuchte sein Reich nach Osten auszudehnen. Jedoch waren die Polen deutlich stärker als von Heinrich II. erwartet. Unter Bolesław (967 – 1025), Sohn des Mieszko I., marschierten diese ihrerseits nach Westen ein. Im Frieden von Bautzen musste Heinrich II. am 30.01.1018 die Westgrenze Polens anerkennen und die Eroberungen der Lausitz, Mährens und Pommerns legalisieren. Bolesław nahm 1025 mit Billigung des Papstes die Königswürde an. Das erste polnische Reich hatte seine weiteste Ausdehnung erreicht. Nach seinem Tode zerfiel es allerdings wieder in einzelne Provinzen und Teilfürstentümer.

Erst Władysław I Łokietek (1260 - 1333) gelang 1314 wieder die Vereinigung der zentralen polnischen Provinzen Groß- und Kleinpolen. Er wurde 1320 auf dem Burgberg in Krakau, Wawel genannt, zum König des Vereinigten Königreichs Polen mit der Hauptstadt Krakau gekrönt. Sein Sohn, Kazimierz III. (1310 – 1370) trieb die Integration der Teilfürstentümer weiter voran. Zudem setzte er ein umfangreiches Bauprogramm in Kraft. Es wurden die besten Baumeister und Maler der Zeit nach Polen gerufen. Unter seiner Herrschaft wurde 1364 die Krakauer Universität als zweite Universität Mitteleuropas - nach der Karls-Universität Prag - gegründet. Ein Schutzgesetz für Juden 1349 führte zu einer Einwanderungswelle und in Polen entwickelte sich die größte jüdische Gemeinschaft Europas.
Mit dem Tode von Kazimierz III. im Jahre 1370 endete die Piastenherrschaft.

Die Jagiellonen (1370 – 1572)

Alle Ehen des Kazimierz III. blieben ohne männlichen Nachfolger. Daher traf er mit dem in Ungarn regierenden Hause Anjou eine Erbverbrüderung, die seinem Neffen Ludwik I. (1326 – 1382) die Nachfolge sicherte. So wurde Ludwik der Große von Ungarn in Personalunion auch polnischer König. Doch auch dieser hatte keine ehelichen Söhne. Seine Tochter Hedwig (Jadwiga) von Anjou heiratete den litauischen Großfürsten Jogaila (1348 – 1434), der unter dem Namen Władysław II. Jagiełło 1386 König von Polen wurde. Durch diese Heirat entstand ein polnisch-litauisch Großreich.
Unter Kazimierez IV. (1427 – 1492) gewann das jagiellonische Haus 1479 die böhmische Krone hinzu. So entstand ein riesiges Reich zwischen Ostsee und dem Schwarzen Meer. Aber dieses Reich sollte nicht lange bestehen bleiben. Der Einfluss polnischer, weißrussischer und litauischer Adelsfamilien nahm beständig zu. Der König musste auf das Recht verzichten, bei dem Adel Steuern einzuziehen. Auch errang der Adel, dass ihm eine Mitwirkung an der Landesregierung zugestanden wurde. Dieses führte 1505 letztlich zur Einrichtung des Sejm, dem Polnischen Reichstag. Dieser konnte allein Gesetze verabschieden trat alle zwei Jahre für sechs Wochen zusammen. Hier wurde auch das Liberum Votum eingeführt, mit dem jedes einzelne Sejmmitglied die Verabschiedung eines Gesetzes verhindern konnte. 1569 wurde der Sejm in die neue Hauptstadt Warschau verlegt.
Als mit Zygmunt II. August (1520 – 1572), der letzte Jagiellone, 1572 starb, herrschte in Polen eine religiöse Toleranz wie in keinem andern Land Europas.

Die Adelsrepublik(1572 – 1795)

Nach dem Tode Zygmunts II. wurde der König von dem Sejm nur noch auf Lebenszeit gewählt und hatte innenpolitisch kaum noch Macht. Polen war zur Adelsrepublik Rzeczpospolita Polska geworden. Das bis zum Exzess betriebene Liberum Veto machte das Land allerdings unregierbar. Unzählige Kriege hatten das Land ruiniert. Russische Truppen besetzen weite Teile Polens. Preußen und Russland bestimmten die Politik und auch den König. Ein landesinterner Konflikt, den der polnische Landadel inszeniert hatte, um den von den Russen eingesetzten König Stanislaw II. August Poniatowski (1732 – 1798), einst Liebhaber der russischen Zarin Katharina, zu stürzen, diente der Zarin als Vorwand Truppen nach Polen zu entsenden. Friedrich der Große, König von Preußen, und die österreichische Kaiserin Maria Theresia nutzten die Gelegenheit und schlossen sich der Besetzung an. Die drei Mächte vereinbarten 1772 die erste polnische Teilung, bei der Polen fast ein Drittel seines Territoriums verlor.
Nach Ausbruch der Französischen Revolution wurde in Polen die erste geschriebene Verfassung Europas ausgearbeitet, die am 03.05.1791 in Kraft trat. Es war eine moderne Verfassung, die von der Volkssouveränität ausging. Regieren sollte ein Kabinett, das vom Sejm kontrolliert wurde. Der König legte den Amtseid auf die Verfassung ab, Polen wurde wieder Erbmonarchie mit katholischer Staatsreligionen und weitgehender Toleranz anderen gegenüber. Das Liberum Votum wurde abgeschafft. Der polnische Adel sah sich durch die Verfassung seiner Macht beraubt und bat Zarin Katharina um Hilfe. Russische Truppen marschierten ein, der Russisch-Polnische Krieg von 1792 endet mit einer Niederlage der Polen - und der zweiten polnischen Teilung 1793, in deren Zuge auch die die Verfassung wieder außer Kraft gesetzt wurde. Noch heute ist in Polen zu Ehren der Verfassung der 3. Mai Nationalfeiertag.

Die Polen reagierten mit einem nationalen Aufstand. Tadeusz Kościuszko, der im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg unter Georg Washington General war, organisierte den polnischen Widerstand, was ihn bis heute zu einem Volkshelden in Polen macht. Am 10. Oktober 1794 wurde er vernichtend geschlagen und gefangen genommen. Einen Monat später kapitulierte Warschau. Es folgte die dritte Teilung Polens, die den Staat 1795 von der Landkarte radierte.

Volk ohne Staat (1795 – 1918)

Eine erste Auswanderungswelle setzte ein. Viele Polen sahen in dem revolutionären Frankreich ein Vorbild. Polen-Legionen kämpften unter dem Befehl Frankreichs auf allen Kriegsschauplätzen Europas. Die ersten Kämpfe unter französischer Flagge trugen die polnischen Legionäre in Oberitalien aus. Ihr Lied, „Noch ist Polen nicht verloren …“ ist heute polnische Nationalhymne.
Beim Wiener Friedenskongress zur Neuordnung Europas hatte Polen dennoch keine Lobby. Keine Großmacht wollte es wieder erstehen lassen.

Das 20. und 21. Jahrhundert (1918 bis heute)

Nach dem ersten Weltkrieg nahm US-Präsident Woodrow Wilson als Punkt Nummer 13 seines 14 Punkte-Bedingungskatalog für einen europäischen Frieden ein freies Polen auf. Am Tage der Waffenstillstandserklärung, dem 11.11.1918, übernahm General Jozef Pilsudski die provisorische Staatsgewalt und wurde am 22.11.1918 als Staatsoberhaupt Polens vereidigt. Durch den Versailler Vertrag erhielt Polen fast das gesamte ehemalige Großherzogtum Posen und weite Teile Westpreußens links der Weichsel zugesprochen. In strittigen Gebieten um Allenstein, Marienwerder und in Oberschlesien wurden Volksabstimmungen durchgeführt. Danach blieben die südlichen Gebiete Ostpreußens und westpreußische Gebiete bei Deutschland. Oberschlesien wurde zwischen Deutschland und Polen aufgeteilt. Danzig wurde als "Freie Stadt" unter das Protektorat des Völkerbunds gestellt.

Die ökonomische Integration der bisher zu verschiedenen Staaten gehörenden Landesteile, die auch über eine sehr unterschiedlichen Entwicklungsstand verfügten, erwies sich als sehr schwierig. Die inneren Probleme wurden immer drängender und die Wirtschaft nahm keinen Aufschwung. Vor diesem Hintergrund errichtete Jozef Pilsudski 1926 nach einem Putsch eine Militärdiktatur. Er versuchte die polnischen Grenzen durch Verträge zu sichern. 1932 wurde ein Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion und 1934 mit Deutschland geschlossen. Für Deutschland kündigte Hitler diesen Vertrag im April 1939. Der wenig später geschlossene Hitler-Stalin Pakt vom 23.08.1939 besiegelte Polens Schicksal. In einem geheimen Zusatzprotokoll war die Aufteilung Polens zwischen beiden vereinbart.

Mit dem Überfall auf Polen am 01.09.1939 löste Hitler den zweiten Weltkrieg aus. Die Sowjetunion drang am 17.9.1939 in den Osten des Landes ein und rückte bis zu der vereinbarten Demarkationslinie vor. Im Oktober des Jahres kapitulierte Polen und die politische Führung ging ins Exil. Tausende Polen, insbesondere Eliten und Klerus, wurden gleich in den ersten Monaten ermordet.

Polen wurde von Hitler zu dem Land bestimmt, in dem die Ausrottung des jüdischen Volkes stattfinden sollte. Es wurde eine große Zahl von Vernichtungslager errichtet. Die jüdische Bevölkerung wurde fast komplett ausgelöscht.

Die brutale deutsche Besatzungspolitik löste eine weite Bevölkerungskreise erfassende Bereitschaft zum Widerstand aus. Das Zentrum des polnischen und jüdischen Widerstandes gegen das Naziregime lag in Warschau. Im April 1943 schlug die deutsche Besatzungsmacht einen verzweifelten Aufstand im Warschauer Ghetto blutig nieder.

Als am 1. August 1944 die Rote Armee kurz vor Warschau stand, rief die Polnische Heimatarmee zu einem Aufstand gegen die deutschen Besatzungstruppen auf. Die Polen wollten ihre Hauptstadt selbst befreien und die russischen Truppen in einem freien Warschau begrüßen. Himmler, der von Hitler mit der Niederschlagung des Aufstandes beauftragt worden war, gab den Befehl, sämtliche nichtdeutschen Einwohner Warschaus ohne Ansehen von Alter, Geschlecht oder Beteiligung am Aufstand zu töten und die Stadt dem Erdboden gleichzumachen. Die Widerständler kämpften bis zum 2. Oktober 1944 gegen die deutschen Besatzungstruppen, bevor sie angesichts der aussichtslosen Situation kapitulierten. Die deutschen Truppen begingen Massenmorde unter der Zivilbevölkerung und die Stadt wurde nach dem Aufstand dem Erdboden gleich gemacht. In Polen löste das Verhalten der Roten Armee gegenüber dem Aufstand eine Kontroverse aus, da sie nicht eingriff, obwohl sie dazu in der Lage gewesen wäre. Erst im Januar 1945 rückte sie weiter vor und fand in den Trümmern von Warschau noch 5000 Überlebende.

Auf Konferenzen in Teheran im November 1943 und auf Jalta im Februar 1945 akzeptierten die Westmächte die Abtrennung der polnischen Ostgebiete zu Gunsten der Sowjetunion. Die Potsdamer Konferenz beschloss im August 1945 endgültig die Westverschiebung von Polen. 1,5 Millionen Polen und 7 Millionen Deutsche wurden zwangsausgesiedelt.

1955 wurde Polen Teil des sowjetisch dominierten Warschauer Paktes. Im Unterschied zu anderen sozialistischen Ländern gab es in Polen aber keine umfassende Zwangskollektivierung des Bodens. Auch gelang es gelang nie, den Einfluss der katholischen Kirche auf die Bevölkerung zu kontrollieren.

In der Aufbruchsstimmung des polnischen Sommers vom 1980 erzwangen die Streikenden im Danziger Abkommen die Zulassung der Gewerkschaft Solidarność. An deren Spitze stand Lech Wałęsa.12,5 Millionen Polen, drei Viertel der Werktätigen, traten der Solidarność bei.
Mit dem Fall der Mauer endete auch in Polen die sozialistische Ära. 1990 wird Lech Wałęsa Staatspräsident, ein Jahr später finden die ersten freien Parlamentswahlen statt. Das Ende der Nachkriegszeit im deutsch-polnischen Verhältnis wurde mit dem sechs Wochen nach der deutschen Wiedervereinigung abgeschlossenen deutsch-polnischen Grenzvertrag vom 14. November 1990 völkerrechtlich endgültig besiegelt.

Seit 1999 ist Polen Mitglied der Nato und seit dem 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union.